Ayni ist ein Konzept mit vielen Facetten, aber einfach ausgedrückt bedeutet es: Wenn man etwas gibt, so hat man das Recht, etwas zu erhalten. Und wenn man etwas empfängt, so hat man die Verpflichtung, etwas zurückzugeben. Ayni beschreibt, wie auf eine Aktion immer eine Reaktion folgt. Die "Gegenseitigkeit", also im Miteinander zum Füreinander, als eine Art alleiniges kosmisches & unwiderlegbares "Naturgesetz".
Was bedeutet Ayni für uns?
Es ist mehr als nur ein Prinzip – es ist eine Lebenseinstellung, die tief in unserer Arbeit verwurzelt ist. Für uns bedeutet es:
Respekt für jeden Einzelnen ist ein zentrales Element. Wir glauben, dass wahre Hilfe nur durch ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse und Perspektiven anderer entstehen kann. Bei uns wird jeder Beitrag geachtet, unabhängig von seiner Größe, und jeder Mensch wird mit Würde und Achtung behandelt. Wenn wir unsere Zeit und Fähigkeiten zur Verfügung stellen, schaffen wir nicht nur Chancen für andere, sondern fördern auch ein gesundes Klima der gegenseitigen Wertschätzung.
Wenn man Energie in etwas gibt (also etwas tut), fließt immer mehr Energie zurück (man erhält immer mehr). Das gilt sowohl für die netten und tugendhaften Dinge, die man im Leben tut, als auch für die weniger netten und weniger tugendhaften Taten. Immer kommt mehr zurück, als man gegeben hat. Übersetzt bedeutet Ayni so viel wie „Reziprozität“ oder „Gegenseitigkeit“. Es handelt sich dabei um eine Art kosmisches Prinzip, das sowohl Teil des täglichen Lebens, als auch Teil einer übernatürlichen Ordnung ist.
Ayni beschreibt eine Wirklichkeit, die danach strebt, uns Menschen an unsere einzigartigen Fähigkeiten als Schöpferwesen & Mitschöpfer unserer eigenen Welt zu erinnern. Es geht dabei ums Teilen, damit jeder mit dem versorgt ist, was er braucht; es geht auch um das Teilen von Wissen und Weisheit, damit sich Menschlichkeit entwickeln & die Harmonie gestärkt werden kann. Ayni macht keine Vorgaben, lässt uns stets die eigene Wahl & bezeichnet eine Form der Ebenbürtigkeit.
Ayni – aus dem Quechua, die Sprache der Inka - beschreibt die harmonische Wechselwirkung von Nehmen und Geben mit unserer Umwelt.
Diese Inka-Tradition ist keine moralische Lehre!
Sie gibt nicht vor, was richtig oder falsch ist, sondern überlässt es jedem Menschen selbst, zu erfahren und zu lernen, was für ihn gut oder weniger gut ist. Denn wenn ein Mensch die Auswirkungen seines Handelns am eigenen Leib erfährt, entscheidet er selbst, ob diese Auswirkungen für ihn wünschenswert sind oder nicht. Die Inka-Tradition gibt ihm damit die Freiheit, selbst zu entscheiden, was gut für ihn und was ihm gut tut – und was nicht. Ayni ist jedoch noch sehr viel mehr als das. Es geht darum, in Gegenseitigkeit das Energieniveau des Einzelnen anzuheben, so dass sich jeder frei entwickeln kann. Es ist somit eine Form der Ebenbürtigkeit, die zeitgleich das Energieniveau aller auf eine höhere Ebene anhebt und in der natürlichen Mitte verankert, statt nur einige zu stärken, während die anderen geschwächt werden“.
Auch ist es eine Lehre, die Menschen dazu ermuntert, in Aktion zu treten und aktiv zu sein – denn wenn jemand nichts tut, kann auch nichts zurückkommen, weder etwas Gutes, noch etwas weniger Gutes. Wenn er nichts gibt und nichts zurückerhält, kann er sich nicht entwickeln. Wenn er sich nicht entwickelt, bedeutet das Stillstand und Stillstand heißt, dass jemand stirbt bzw. gestorben ist. In Bezug auf unser menschliches Entwicklungspotential könnte man Ayni auch als eine Art Kompass bezeichnen, der jedem Menschen die Richtung weist.
Wenn wir diesen Ansatz leben, dann sind wir im Fluss mit dem Leben selbst. In diesem Zustand fließt alles und uns fällt das Richtige zu. Wir sind erfüllt mit Lebensfreude und Glück. Wenden wir wieder dieses Prinzip an, ist ein soziales Engagement eine Selbstverständlichkeit und uns selbst ein großes Herzensanliegen. Alles, was wir geben, das geben wir zu einem Teil stets auch dem gesamten Kosmos und so findet auch wieder etwas aus dem Kosmos zu uns zurück. Annehmen und Geben sind ständige Begleiter unseres Daseins auf Mutter Erde. Mit unserem ersten Atemzug nehmen wir die Welt an und in uns auf, mit unserem letzten Atemzug geben wir unsere irdische Existenz wieder an Mutter Erde zurück.
Wichtig - Es gibt keine Verpflichtung zu AYNI. Jeder von uns entscheidet für sich selbst, wie viel wir geben möchten.
Austausch von Energie
Ayni beschreibt ebenfalls den Austausch von Energien, den wir permanent miteinander teilen, mit der Natur, mit den Elementen und dem Kosmos. Wenn die Q`ero mit den Bäumen Energien austauschen, sagen sie nicht: „Tausche Energien mit den Bäumen aus“, sondern „Teile Dein Ayni mit den Bäumen“. Weil sie diesen Austausch immer als gleichwertig ansehen. Der Baum hat etwas, das er uns geben kann und wir haben etwas, das wir dem Baum geben können. Dieser Austausch kann wissenschaftlich anhand eines für uns allen bekannten Beispiels erklärt werden. Menschen benötigen Sauerstoff, um zu überleben, welches der Baum tagtäglich produziert. Bäume und Pflanzen benötigten für ihr Wachstum Kohlenstoffdioxid, welches wir beim Ausatmen freisetzen. Mit anderen Worten: Wir atmen das ein, was die Bäume ausatmen und umgekehrt. Das ist ein Musterbeispiel für Ayni und dafür, wie alle Vorgänge in der Natur danach ausgerichtet sind.
Die Energie hinter Ayni – das Prinzip der Gegenseitigkeit – macht uns bewusst, dass wir wichtig und wertvoll sind, dass ich ein einzigartiges Element im Universum bin , das viel zu geben hat und viel erhalten darf. Dass tatsächlich das Wichtigste im Leben ist, zu teilen und eins zu sein mit allen Geschöpfen.